28. August 2011

Das Zweitmeinungsportal Vorsicht!Operation

In diesen Tagen startete online ein Zweitmeinungsportal, dessen Gründer der Heidelberger Kniespezialist Hans Pässler ist. Die ursprüngliche Idee entstand aus der in den letzten Jahren zu verzeichnenden Tendenz zunehmender Gelenkersatzoperationen und den Erfahrungen renommierter Chirurgen, die zu viele unnötige Operationen beklagen. Der Grund hierfür sei in der nicht unerheblichen Vergütung dieser Operationen und auch von Wirbelsäuleneingriffen  durch die Krankenkassen zu suchen, von denen insbesondere niedergelassene Operateure profitieren.
Patienten, denen ein Gelenkersatz oder ein Wirbelsäuleneingriff empfohlen wurde, können nun ein Gutachten erstellen lassen, bei dem Arztberichte und Röntgenbilder eingeschickt werden können sowie ein Fragebogen ausgefüllt werden muss. Je nach Ausführlichkeit wird ein Honorar von 200 bis 600 Euro berechnet. 
Der Berufsverband Niedergelassener Chirurgen (BNC) sowie der Berufsverband der Ärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) übt scharfe Kritik und bezeichnet das Portal als "hochgradig unseriös", da eine körperliche Untersuchung im Rahmen der Begutachtung nicht stattfinden kann und den Betreibern Profitgier unterstellt wird. 
Die Betriebskrankenkasse (BKK) sowie die Debeka haben allerdings bereits Interesse am Zweitmeinungsportal bekundet und erwägen die Zusammenarbeit, voraussichtlich in Form einer Kostenübernahme.

Ich denke, dass hier eine sehr nützliche Marktlücke entdeckt wurde, die sich für die Betreiber als finanziell sehr rentabel erweisen kann. Aufgrund der Häufigkeit empfohlener endoprothetischer Operationen und Wirbelsäuleneingriffe wird die Nachfrage nach einer ausführlichen Zweitmeinung sehr hoch sein, und das bereits vorhandene und tendenziell eher zunehmende Misstrauen der Patientenschaft gegenüber Operationsindikationen wird dazu führen, dass die Betroffenen bereit sind, das nicht unerhebliche Honorar zu entrichten. Der Aufschrei der Berufsverbände wundert nicht, bekommt ein niedergelassener Orthopäde doch lediglich einen Bruchteil dieses Honorars für seine Zweitmeinung, der zeitliche Aufwand ist hier allerdings auch deutlich geringer. 
Zu begrüßen ist die Nutzung des digitalen Mediums für medizinisch sinnvolle Zwecke. Bleibt die Frage, warum überwiegend pensionierte "Seniorenchirurgen" das Zweitmeinungsportal betreiben. Vereinbart sich diese Tätigkeit nicht mit einer normalen Berufstätigkeit in Klinik oder Praxis oder geht es lediglich darum, die Pension aufzubessern?


Beate Schnuck

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