von Rachel JN et al.
Die Apophysitis des Kalkaneus ist der häufigste Grund für Fersenschmerzen am wachsenden Skelett und ist in der Regel selbstlimitierend. Die Diagnose wird üblicherweise klinisch gestellt, typisch sind Schmerzen bei Belastung, insbesondere Rennen und Springen. Der Schmerz kann bei Palpation des Überganges der Apophyse in den Kalkaneus provoziert werden.
Ihr habt sicherlich schon öfters die Diagnose eines Morbus Sever in der Sprechstunde gestellt, trotzdem nicht unbedingt Auffälligkeiten in der Apophyse des Kalkaneus sichtbar waren, wie sie in den Lehrbüchern dargestellt werden. Ich habe diese als unregelmässig beschriebene teilweise auch sklerosierte, erodierte Apophyse nur selten gesehen und auch im Seitenvergleich war oft kein Unterschied sichtbar. Deshalb stellt sich für viele Orthopäden und auch für die Autoren dieser Studie die Frage, ob Röntgenaufnahmen überhaupt notwendig sind, um einen Morbus Sever zu diagnostizieren und sich dabei unnötige Strahlenbelastung am wachsenden Skelett sogar vermeiden lässt.
98 Patienten (134 Füsse) mit der klinischen Diagnose einer Kalkaneusapophysitis wurden retrospektiv identifiziert. Die entsprechenden Röntgenaufnahmen in 4 Ebenen (ap, seitlich, schräg und Harris view) wurden jeweils von 3 Kinderorthopäden beurteilt.
Bei 5 Patienten (5 Füsse) zeigten sich auffällige Röntgenbilder: 3 Kalkaneuszysten, 1 nichtossifizierendes Fibrom der distalen Tibia und 2 Stressfrakturen des Kalkaneus. 1 Patient hatte eine Knochenzyste und eine Stressfraktur im gleichen Fuß. Von diesen 5 Patienten hatten 4 Schmerzen bei Palpation der Ferse. Alle Befunde wurden am seitlichen Röntgenbild des Rückfusses erhoben, die Aufnahmen in den anderen Ebenen erbrachten keine zusätzlichen Informationen.
Pathologische Röntgenbilder lagen also bei 5,1% der Patienten mit der initialen Diagnose eines Morbus Sever vor. Die jeweiligen Diagnosen erforderten eine aggressivere Behandlung, wie Immobilisation oder engmaschige röntgenologische Nachuntersuchungen. Die meisten Patienten mit auffälligen Röntgenbildern hatten einseitige Beschwerden und waren älter (11 bis 15 Jahre).
Basierend auf diesen Ergebnissen empfehlen die Autoren, auf Röntgenaufnahmen bei Kindern, die über Fersenschmerzen klagen nicht zu verzichten. Eine seitliche Aufnahme scheint ausreichend zu sein, da Röntgenbilder in den anderen Ebenen nachweislich keine zusätzlichen Informationen lieferten. Wird auf Röntgenaufnahmen verzichtet, kann eine Läsion übersehen werden, die eine aggressivere Therapie als die des Morbus Sever erfordert.
Ich stimme dieser Schlussfolgerung ohne Einschränkungen zu. Die Anforderung lediglich einer seitlichen Röntgenaufnahme ist bereits Routine in unserer Klinik. Allerdings sollte man auf den Röntgenbildern nicht nach Auffälligkeiten in der Apophyse suchen, wie ich es sicherlich getan habe sondern seine Augen offen halten, um eine anderweitige Pathologie im Bereich des Kalkaneus oder der distalen Tibia zu suchen. Es ist selbstredend, dass sich Vergleichsaufnahmen der beschwerdefreien Gegenseite verbieten!
Wie handhabt ihr die Diagnostik des Morbus Sever in Klinik und Praxis? Hat diese Studie das Potential, in Zukunft euer Vorgehen zu ändern?
Auf eure Kommentare freut sich
Beate Schnuck
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